Das Blässhuhn, wissenschaftlich Fulica atra oder Blässralle genannt, ist ein mittelgroßer Wasservogel aus der Familie der Rallen. Sie wird oft fälschlicherweise als „schwarze Ente“ bezeichnet.
Mit einer Größe von etwa 38 cm und einer Vorliebe für nährstoffreiche Gewässer spielt dieser Wasservogel eine wichtige Rolle in der europäischen Vogelwelt. Er ist über weite Teile Eurasiens verbreitet.
Ein charakteristisches Merkmal der Blässhühner sind ihre ausgeprägten ruckartigen Kopfbewegungen beim Schwimmen. Ihre langen Zehen und der auffällige weiße Schild auf dem Kopf machen sie unverwechselbar. Zum Brüten und Nisten bevorzugen diese Vögel stehende Gewässer wie Seen, Teiche und Flussarme, wobei es besonders zur Balzzeit im Frühjahr zu heftigen Revierkämpfen kommt.
Im Winter suchen Blässhühner eisfreie Gewässer oder sogar die Meeresküste zur Nahrungssuche und zum Schutz vor der eisigen Kälte auf. Blässhühner sind keine eigentlichen Zugvögel, können aber bei extremen Witterungsbedingungen innerhalb Europas oder bis ins südliche Afrika wandern. Ihre weite geographische Verbreitung und ihr vielfältiges Verhalten machen das Blässhuhn zu einem spannenden und bemerkenswerten Vertreter der europäischen Vogelwelt.
Aussehen, Größe und Gewicht
Das überwiegend glänzend schwarze Gefieder und der markante weiße Schnabel ziehen die Blicke des Betrachters auf sich. Die charakteristische, schildförmige Stirn – ebenfalls schneeweiß – verleiht dem Wasservogel ein unverwechselbares Aussehen.
Mit einer Körperlänge von 32 bis 42 Zentimetern und einem Gewicht von 500 bis 800 Gramm präsentiert sich das Blässhuhn als mittelgroße, eher rundliche Ralle, die eine elegante Silhouette auf der Wasseroberfläche hinterlässt.
Der Schwanz des Blässhuhns ist eher kurz und die kräftigen, graugrünen Beine ermöglichen dem Blässhuhn eine geschickte Fortbewegung sowohl im Wasser als auch an Land. Im Flug offenbart es zudem eine beachtliche Flügelspannweite, die zum imposanten Erscheinungsbild dieses markanten Wasservogels beiträgt. Weibchen und Männchen ähneln sich im Aussehen, so dass kein ausgeprägter Geschlechtsdimorphismus besteht.
Ähnliche Vögel
In Mitteleuropa gibt es einige Vögel, die dem Blässhuhn äußerlich sehr ähnlich sein können. Dazu gehören das Teichhuhn, die Wasserralle und die Knäkente.
Zunächst ist das Teichhuhn (Gallinula chloropus) zu nennen, das zur Familie der Rallen gehört. Es hat eine vergleichbare Größe und ist ebenso häufig an Gewässern wie Teichen oder Seen anzutreffen. Sie unterscheidet sich jedoch durch ihr bräunlicheres Gefieder und einen charakteristischen roten Stirnschild, der von einem gelben Schnabel begrenzt wird.
Die Wasserralle (Rallus aquaticus) ist eine weitere Art, die etwas unauffälliger lebt als das Blässhuhn, aber optisch gewisse Ähnlichkeiten aufweisen kann. Anstelle des schwarzen Gefieders hat sie ein braun gestreiftes Gefieder. Der graue Bauch und die bläulich-grauen Flanken bilden jedoch einen gewissen Kontrast. Ein besonderes Merkmal der Wasserralle ist der lange, dünne rote Schnabel, der sich deutlich von den anderen Rallenarten unterscheidet.
Die Knäkente (Anas querquedula) ist ebenfalls ein Wasservogel mit gewissen Ähnlichkeiten zum Blässhuhn, gehört aber zur Familie der Entenvögel. Trotz des unterschiedlichen Gesamterscheinungsbildes kann das Knäkente aufgrund seiner Größe und der ähnlichen Färbung mit dem Blässhuhn verwechselt werden, wenn es schnell durch die Ufervegetation streift. Insbesondere das Männchen mit seinem grün-schwarzen Kopf und dem weißen Streifen unter dem Auge kann Ähnlichkeiten mit dem Blässhuhn hervorrufen.
Lebensraum
Blässhühner sind in Europa weit verbreitet und bevorzugen Feuchtgebiete, Seen, Teiche, Flüsse und Ufervegetation. Sie bewohnen die Uferzonen und Schilfgürtel entlang der Gewässer und halten sich gerne in der Nähe von Waldgebieten auf.
Im Winter ziehen einige Populationen in wärmere Regionen, während andere in Deutschland überwintern und sich an eisfreien Gewässern aufhalten.
Nahrung
Die vielfältige Nahrung der Blässhühner reicht von Insekten, Fischen, Algen, Schnecken und Muscheln bis hin zu Seerosen, Brot, Pflanzenteilen und Abfällen. Als Allesfresser passen sie ihre Ernährung flexibel an die jeweilige Umgebung an und können dank ihres anpassungsfähigen Schnabels unterschiedlichste Nahrung aufnehmen.
Sie fressen nicht nur selbstständig, sondern parasitieren gelegentlich auch Schwäne, Artgenossen und Enten. Die Fähigkeit zu tauchen und sich schnell im Wasser fortzubewegen ermöglicht es ihnen, mehr oder weniger leicht Nahrung aus dem Wasserreich zu erbeuten.
Lebenserwartung und Feinde
Die Lebenserwartung von Blässhühnern hängt stark von den Umweltbedingungen und den Feinden ab und liegt zwischen 10 und 20 Jahren. In gesunden Lebensräumen mit reichlich Nahrung und Ruhezonen gedeihen sie prächtig.
Eine Vielzahl von Räubern bedroht das Überleben der Blässhühner. Für Seeadler, Falken, Möwen und größere Fische sind die gefiederten Tiere eine willkommene Mahlzeit.
Besonders mutig zeigen sich die Blässhühner bei der Verteidigung. Mit lauten Schreien und Flügelschlagen versuchen sie gemeinsam, Angreifer zu vertreiben. Dieses aufopferungsvolle Verhalten ist nur ein Beispiel für die faszinierenden Anpassungsstrategien, die Blässhühner im Laufe der Evolution entwickelt haben.
Fortpflanzung
Balzverhalten und Brutzeit
In der im Frühjahr beginnenden Balzzeit machen Blässhühner durch laute „tück“-Rufe und wilde Revierkämpfe auf sich aufmerksam. Männchen und Weibchen zeigen imposante Gefieder- und Schwimmspiele, um potentielle Partner anzulocken. Die eigentliche Brutzeit erstreckt sich von April bis Juli, wobei einige Vögel bis in den Spätsommer hinein brüten.
Nistplatz und Nestbau
Als Brutplatz bevorzugen Blässhühner Süßgewässer wie Seen, Teiche oder langsam fließende Flüsse. Zum Nestbau suchen sie gerne geschützte Uferzonen oder Schilfgürtel auf. Das Nest besteht hauptsächlich aus Pflanzenmaterial wie Schilf, Zweigen und Blättern und wird oft auf einer schwimmenden Plattform oder direkt am Wasser errichtet. Diese erhöhte Lage des Nestes schützt die Brut vor Wasserschwankungen und Fressfeinden.
Aufzucht der Jungen
Nach dem Brüten von etwa 23-24 Tagen schlüpfen die Küken, die als Nestflüchter schon bald das Nest verlassen und sich selbständig im Wasser bewegen können. Beide Elternvögel beteiligen sich an der Fütterung und Pflege der Jungen und verteidigen Revier und Brut energisch gegen Eindringlinge. Innerhalb von 55 bis 60 Tagen werden die heranwachsenden Blässhuhnküken flügge. Ihr Gefieder ändert sich im Laufe der Entwicklung von einem schlichten Braunton zu dem charakteristischen, fast schwarzen Gefieder der Altvögel.
Ökologische und kulturelle Bedeutung
Blässhühner spielen eine wichtige Rolle im Feuchtgebiet, da sie sowohl pflanzliche als auch tierische Nahrung aufnehmen und so zur Stabilität der Gewässer beitragen. Durch seine vielfältige Nahrungsaufnahme fördert es das Wachstum bestimmter Pflanzen.
Außerdem dient sie als Beute für zahlreiche andere Tiere, wie z.B. den Seeadler, und steuert so die Populationsdynamik in ihrer Umgebung.
Kulturell ist das Blässhuhn ein Symbol für Anpassung und Beständigkeit und findet sich in verschiedenen Legenden und Volksmärchen wieder.
Gefährdung und Schutzmaßnahmen
Obwohl das Blässhuhn (Fulica atra) derzeit als nicht gefährdet eingestuft wird, zeigt der Bestandstrend einen leichten Rückgang an. Mit einem geschätzten Bestand von etwa hunderttausend Brutpaaren in Deutschland ist diese Vogelart an Süßgewässern weit verbreitet.