Der Girlitz (Serinus serinus) ist ein kleiner, lebhafter und farbenfroher Vogel, der vor allem durch seine laute Stimme auffällt. Er gehört zur Familie der Finken (Fringillidae) und ist ein naher Verwandter des Zitronengirlitzes.
In Deutschland würde man den winzigen Vogel in seinem natürlichen Lebensraum leicht übersehen, wäre da nicht der charakteristische Gesang des Männchens. Ursprünglich im Mittelmeerraum beheimatet, hat der Girlitz im Laufe des 19. Jahrhunderts sein Verbreitungsgebiet ausgedehnt und ist heute in vielen Teilen Europas heimisch, so auch in Deutschland.
Aussehen, Größe und Gewicht
Der Girlitz ist ein Finkenvogel, der sich von anderen Finkenarten durch seine leuchtend gelbe Färbung an Brust, Bauch, Kopf und Bürzel unterscheidet. Der Mantel ist dunkel mit schwarzen Streifen, die Flanken sind ebenfalls dunkel, aber auf weißem Grund gestreift. Der Körper dieser Vogelart ist rundlich mit einem kurzen Hals und dem für Finken typischen kegelförmigen Schnabel.
Die Körperlänge des Girlitz beträgt etwa 11 cm, während die Flügelspannweite gut 20 cm erreicht. Das Gewicht eines ausgewachsenen Vogels liegt zwischen 11 und 13 g. Männchen und Weibchen unterscheiden sich im Aussehen, wobei das Männchen ein intensiver gestreiftes gelbes Gefieder hat. Die geringe Größe und der dreieckige Finkenschnabel sind weitere auffällige Merkmale, die den Girlitz von anderen Finkenarten unterscheiden.
Ähnliche Vögel
Der Girlitz weist gewisse Ähnlichkeiten im Verhalten und Aussehen mit anderen Vogelarten wie Goldammer, Grünfink und Zilpzalp auf.
Die Goldammer (Emberiza citrinella) ist etwas größer als der Girlitz und hat eine charakteristische gelbe Färbung mit orangefarbenen Schattierungen. Die Flügel sind rotbraun mit weißen Zeichnungen. Charakteristisch für die Goldammer ist der schwarze Kopf des Männchens, während das Weibchen unauffälliger gefärbt ist.
Der Grünfink (Chloris chloris) ist im Vergleich zum Girlitz ein robusterer Vogel mit einem leuchtend grüngelben Gefieder. Grünfinken haben schwarze Flügelspitzen und einen kräftigen, hellen Schnabel, der speziell zum Aufknacken von Samen geeignet ist. Sie bevorzugen Büsche mit wenigen Zweigen und Früchten sowie offene Waldgebiete, während der Girlitz eher in lichten Wäldern zu finden ist.
Der Zilpzalp (Phylloscopus collybita) ist ein kleiner, unscheinbarer Laubsänger, dessen gelblich-grünes Gefieder dem eines jungen Girlitz ähneln kann. Der Zilpzalp hat jedoch meist einen auffälligen Überaugenstreif, während der Girlitz eine leuchtend gelbe Gesichts- und Brustpartie aufweist. Zilpzalpe bewegen sich häufig in den Baumkronen, wo sie schnelle und unruhige Flugmanöver ausführen.
Lebensraum
Der Girlitz ist in Nordafrika, Europa und Kleinasien verbreitet und bewohnt in Deutschland bevorzugt die offene Kulturlandschaft. Vor allem abwechslungsreiche Landschaften mit lockeren Baum- und Strauchbeständen stellen für den kleinen Vogel optimale Lebensräume dar. Sein Verbreitungsgebiet erstreckt sich über Flächen, die durch kurzrasige Vegetation und offene Bodenstellen gekennzeichnet sind. Dabei bevorzugt er sonnige und windgeschützte Lagen.
In menschlichen Siedlungen ist der Girlitz häufig auf Friedhöfen, in Parks und sogar an Hausgiebeln anzutreffen. Diese Vögel meiden die Nähe des Menschen nicht und können sich wie andere Kulturfolger gut an urbane Lebensräume anpassen. Im Winter sind Girlitze in Schwärmen anzutreffen, die gemeinsam auf Nahrungssuche gehen.
Nahrung
Der Girlitz ernährt sich hauptsächlich von feinen Sämereien, die von einer Vielzahl von Wildkräutern stammen. Besonders bevorzugt er Samen von Wildkräutern wie Hirtentäschel, Löwenzahn, Gänsedistel, Vogelmiere, Wegrauke und Wildkamille. Darüber hinaus nimmt der Girlitz auch kleine Baumsamen wie jene der Ulme und Birke auf. In der Frühjahrszeit erweitert dieser kleine Vogel seine Nahrungspalette gern um Blüten- und Blattknospen sowie Insekten, die er zur Aufzucht der Jungen benötigt.
Um die verschiedenen Nahrungsquellen zu erschließen, hüpft der Girlitz geschickt auf dem Boden umher und durchstreift Bäume und Hecken. Sein spitzer Schnabel ermöglicht es ihm, auch kleine Samen und Insekten leicht aufzunehmen und effizient zu fressen. Dadurch ist er in der Lage, wichtige Energiequellen für den Erhalt des Körpers und das Füttern der Jungen zu erschließen. In ihrem Nahrungssuchverhalten ähneln Girlitze anderen Finkenarten, wobei ihr Fokus auf Wildkräutern und kleinen Baumsamen besonders bemerkenswert und charakteristisch ist.
Lebenserwartung und Feinde
Girlitze haben in freier Wildbahn eine durchschnittliche Lebenserwartung von 3 bis 5 Jahren. Viele dieser Vögel fallen jedoch bereits in ihrem ersten Lebensjahr Beutegreifern zum Opfer. Die Lebenserwartung wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wie z.B. der Qualität des Lebensraumes oder dem Risiko einem Fressfeind zum Opfer zu fallen.
Zu den natürlichen Feinden der Finkenvögel gehören Greifvögel wie Sperber, Eulen und Rabenvögel, aber auch Katzen und Marder. Um sich vor Fressfeinden und anderen Bedrohungen zu schützen, haben Girlitze verschiedene Strategien entwickelt, wie z.B. schnelles Fliegen und Verstecken in dichtem Gebüsch.
Fortpflanzung
Balzverhalten und Brutzeit
Beim Girlitz (Serinus serinus) beginnt die Balz bereits im März. Das Männchen leitet die Balz ein, indem es in einer Astgabel in zwei bis vier Metern Höhe sitzt und seinen eindrucksvollen Gesang und Flug vorführt. Die Brutzeit dieser kleinen Finkenart dauert in Mitteleuropa von Mitte März bis Mitte Mai. Es wurde beobachtet, dass die hier überwinternden Vögel ihre Brutreviere oft früher beziehen als ihre heimziehenden Artgenossen.
Nistplatz und Nestbau
Hat sich ein Girlitzpaar gefunden, sucht es gemeinsam nach einem geeigneten Nistplatz. Dieser befindet sich meist in lichten Baum- oder Strauchbeständen in einer Höhe von zwei bis vier Metern über dem Boden. Diese Höhe bietet Schutz vor Feinden und ermöglicht eine gute Beobachtung der Umgebung. Zum Nestbau werden vor allem feine Pflanzenfasern, Gräser und Moos verwendet. Das fertige Nest ist eine kleine, kompakte Schale, die gut an die Umgebung angepasst ist.
Aufzucht der Jungen
Der Girlitz ist monogam und brütet in der Regel zweimal im Jahr mit jeweils drei bis vier Eiern. Die Brutdauer beträgt 12 bis 14 Tage, während derer beide Elternvögel abwechselnd auf den Eiern sitzen und brüten.
Nach dem Schlüpfen bleiben die Nestlinge noch 14 bis 16 Tage im Nest, bevor sie als Ästlinge das Nest verlassen. Während dieser Zeit kümmern sich die Elternvögel intensiv um die Jungen, indem sie sie füttern, putzen und vor möglichen Gefahren schützen. Nach weiteren neun Tagen sind die Jungvögel selbständig und verlassen das Brutgebiet, um sich ein eigenes Revier zu suchen.
Ökologische und kulturelle Bedeutung
Der Girlitz spielt in seinem Ökosystem eine wichtige Rolle als Insektenvertilger und bei der Verbreitung von Samen. Seine Nahrung besteht hauptsächlich aus kleinen Insekten und Samen, wodurch er zur Kontrolle der Insektenpopulation und zur Verbreitung von Pflanzensamen beiträgt.
In kultureller Hinsicht hat der Girlitz die Menschen durch sein auffälliges zitronengelbes Gefieder und seinen bezaubernden Gesang inspiriert. Er ist auch in der Kunst, wie Malerei und Bildhauerei, sowie in der Literatur und Folklore seiner Heimatregionen vertreten. Wegen seiner Schönheit und Anmut wird der Girlitz oft als Symbol für Natur, Freiheit und Lebensfreude angesehen.
Gefährdung und Schutzmaßnahmen
Der kleine Finkenvogel mit leuchtend gelbem Brustgefieder, ist zwar noch nicht als gefährdet eingestuft, aber dennoch von verschiedenen Bedrohungen in seinem Lebensraum betroffen. Hauptbedrohung ist die Intensivierung der Landwirtschaft und der damit verbundene Verlust von Lebensräumen und Nahrungsquellen.
Um den Girlitz und andere Vögel nachhaltig zu schützen, können verschiedene Schutzmaßnahmen umgesetzt werden. Eine wichtige Maßnahme ist die Förderung vielfältiger, strukturreicher Landschaften, zum Beispiel durch eine schonendere Landwirtschaft, den Erhalt von Streuobstwiesen oder die Anlage von Brachen.
Eine vielfältige Vegetation mit zahlreichen Insekten- und Samenquellen kann das Überleben der Art sichern und auch andere Vogelarten wie den Stieglitz oder den Gartenrotschwanz positiv beeinflussen. Die Schaffung und Erhaltung dieser Lebensräume ist daher für das langfristige Überleben des Girlitz und vieler anderer heimischer Vogelarten in Deutschland von entscheidender Bedeutung.