Mittelspecht

Mittelspecht: Alles Wissenswerte für Vogelbeobachter

Der Mittelspecht (Leiopicus medius) ist eine in Mitteleuropa relativ seltene Vogelart aus der Familie der Spechte (Picidae). Sein natürlicher Lebensraum sind lichtdurchflutete Laubwälder. Als Standvogel ist er kein Zugvogel und bleibt das ganze Jahr über in seinem angestammten Lebensraum.

Verwandte des Mittelspechts sind unter anderem der Kleinspecht und der Buntspecht. Während sie sich im Aussehen ähneln, unterscheiden sie sich im Verhalten und im Lebensraum. Die Familie der Spechte zeichnet sich durch eine hohe Anpassungsfähigkeit und eine besondere Art der Fortbewegung und Nahrungssuche aus.

Das Trommeln ist ein typisches Verhalten vieler Spechte, um ihr Revier zu markieren und Partner anzulocken. Im Vergleich zu anderen Spechten trommelt der Mittelspecht jedoch wenigerausgeprägt, als seine Verwandten.

Aussehen, Größe und Gewicht

Mittelspecht (Leiopicus medius)Die Körperlänge beträgt etwa 20 bis 22 cm und das Gewicht variiert zwischen 50 und 80 Gramm. Der Farbdimorphismus zwischen den Geschlechtern ist nur wenig ausgeprägt, Weibchen und Männchen sehen also recht ähnlich aus. Mittelspechte besitzen eine auffällige, leuchtend rote Kopfplatte, die beide Geschlechter aufweisen.

Der Schnabel ist kräftig und spitz zulaufend, ideal für das Hacken und die Nahrungssuche an Baumstämmen. Die Flügelspannweite beträgt 33 bis 34 cm und ermöglicht dem Vogel ein müheloses Fliegen und Navigieren in seinem naturnahen Habitat. Das Gefieder ist kontrastreich weiß, schwarz und rot gemuster.

Ähnliche Vögel

Buntspecht

Der Buntspecht (Dendrocopos major) ist ein farbenprächtiger Vertreter der Spechte und ähnelt auf den ersten Blick dem Mittelspecht. Er ist in Deutschland mit Abstand der häufigste Specht.. Der Brutbestand in Deutschland liegt bei 680.000 bis 900.000 Paaren. Sein auffälliges Gefieder in den Farben Schwarz, Weiß und Rot macht ihn unverwechselbar und fällt sofort ins Auge.

Kleinspecht

Eine weitere verwechslungsgefährdete Art ist der Kleinspecht (Dryobates minor). Seine Körperlänge von etwa 15 cm ist kaum kleiner als die des Mittelspechts, jedoch fehlt ihm der ausgeprägte Schnabel. Sein Gefieder zeigt eine Mischung aus Schwarz, Weiß und Rot, wobei die roten Flecken insbesondere am Kopf und am Bauch vorkommen. Meist ist er in Laubwäldern und Mischwäldern auf der Suche nach Insekten anzutreffen.

Grünspecht

Schließlich sei noch der Grünspecht (Picus viridis) erwähnt, der aufgrund seiner grünen Körperfärbung eigentlich nur aus der Ferne verwechselt werden könnte. Bei näherem Hinsehen sind jedoch deutliche Unterschiede in der Färbung und Zeichnung zu erkennen. Sein Lebensraum erstreckt sich vor allem über offene Wiesen, Gärten und Waldränder, wo er seine Nahrung, vor allem Ameisen, sucht.

Lebensraum

Mittelspecht (Leiopicus medius)In Mitteleuropa und bei uns in Deutschland bewohnt der Mittelspecht vor allem alte Laubwälder, insbesondere Eichen- und Buchenwälder. Hier sucht der geschickte Baumbewohner seine Nahrung unter der Rinde oder im Totholz alter Bäume. Auch alte Streuobstwiesen und Parks gehören ebenfalls zu den bevorzugten Lebensräumen des Mittelspechts.

Sein Habitat zeichnet sich durch viel Totholz, knorrige Eichen und hohe Bäume aus. Dies ist ein idealer Lebensraum für eine Vielzahl anderer Vogelarten, wie zum Beispiel den Buntspecht oder den Kleinspecht. Der Mittelspecht sucht sich im Laufe der Jahreszeiten immer wieder geeignete Gebiete aus, um seine Nahrungs- und Brutbedürfnisse zu befriedigen.

Nahrung

Insekten, Larven und Spinnen sind die Hauptnahrung des Mittelspechts, der mit seinem langen, dünnen Schnabel und der auffallend langen Zunge seine Beute in Rindenritzen aufspüren kann.
In den Wintermonaten sind Arthropoden (Gliederfüßler), die in Rindenstücken überwintern, von besonderer Bedeutung für die Nahrungsaufnahme. Auch Baumsäfte, die er geschickt mit seiner langen Zunge vom Stamm leckt, spielen eine wichtige Rolle auf seinem Speiseplan.

Lebenserwartung und Feinde

In der Vogelwelt ist der Mittelspecht (Leiopicus medius) ein recht langlebiger Vogel. Mit einer durchschnittlichen Lebensdauer von bis zu 5 Jahren trotzt er den Gefahren seiner Umwelt. Faktoren wie Lebensraumqualität und Prädation beeinflussen jedoch die Lebenserwartung. In gesunden Laubwäldern mit reichlich Nahrung und Unterschlupfmöglichkeiten kann er ein langes Leben von bis zu acht Jahren führen.

Zu seinen natürlichen Feinden gehören Sperber und Habicht, die auf der Suche nach Beute geschickt durch die Baumkronen kreisen. Eulen wie der Uhu nutzen die tödliche Stille, um sich an ahnungslose Mittelspechte heranzupirschen.

Fortpflanzung

Balzverhalten und Brutzeit

Mittelspecht Weibchen und Männchen an HöhleIm Frühjahr beginnt die Balz des Mittelspechts, bei der der Vogel durch lautes Trommeln und Rufen auf sich aufmerksam macht. Zum Balzritual gehören elegante Flugmanöver und geschickte Verfolgungsjagden durch dichtes Geäst. Die Brutzeit erstreckt sich von April bis Juni, wobei die Vögel nur einmal im Jahr brüten.

Nistplatz und Nestbau

Der Mittelspecht bevorzugt Laubwälder, in denen er seine Bruthöhlen meist in weichem Holz älterer Bäume wie Pappeln, Ahorn oder Weiden anlegt. Häufig wählt er Höhen zwischen 3 und 10 Metern über dem Boden, um ausreichend Schutz vor Räubern zu haben und für Störungen unzugänglich zu sein. Mit präzisen Schnabelhieben zimmert er geduldig die Höhle, deren Fertigstellung mehrere Wochen dauern kann. Das Innere wird meist mit feinen Spänen ausgekleidet, damit der Nachwuchs bequem schlafen kann.

Aufzucht der Jungen

Nachdem das Weibchen 5-6 Eier gelegt hat, beginnt das Brüten, was etwa 12 Tage dauert. Beide Eltern wechseln sich bei der Brutpflege ab und sorgen für eine gleichmäßige Erwärmung der Eier. Sobald die Küken geschlüpft sind, füttern die Mittelspecht-Eltern sie intensiv mit Insekten und Larven, die sie in der Umgebung der Bruthöhle finden.

Diese Zeit, in der sich die Jungen entwickeln und wachsen, wird Nestlingszeit genannt und dauert etwa 15 bis 16 Tage. Danach verlassen die Jungvögel die Höhle und werden weitere 20-25 Tage von den Eltern gefüttert, bis sie selbstständig sind und ihr eigenes Revier erobern.

Ökologische und kulturelle Bedeutung

Mittelspecht (Leiopicus medius)Der Mittelspecht (Leiopicus medius) spielt eine wichtige Rolle im Ökosystem des Laubwaldes, vor allem durch seine Interaktionen mit anderen Arten und seinen Beitrag zum Nährstoffkreislauf. Er ernährt sich hauptsächlich von Insekten, Larven und Spinnen, die er mit seinem feinen Schnabel aus der Baumrinde pickt. Diese Nahrungssuche unterstützt die Regulierung von Schädlingen und trägt zur Gesunderhaltung der Waldökosysteme bei.

Durch seine enge Bindung an alte, urwüchsige Laubwälder mit viel Totholz fördert er auch deren Erhalt und den Lebensraum für andere seltene oder geschützte Arten, indem er Bruthöhlen für andere Höhlenbrüter zimmert.

Kulturell ist der Mittelspecht weniger präsent als andere Spechtarten wie Buntspecht oder Schwarzspecht.

Gefährdung und Schutzmaßnahmen

Mit seinem Bestand ist der Mittelspecht derzeit nicht gefährdet, es ist sogar eine Zunahme des Bestands zu verzeichnen, was auf die Verbesserung der Lebensbedingungen für diese Art zurückzuführen ist. Dennoch stellt der Rückgang der Alteichen und damit der Verlust der Nahrungsgrundlage eine potenzielle Gefährdung dar.

Die Erhaltung von Baumbeständen mit grober Borke wie Eiche, Esche und Spitzahorn ist für den Schutz dieser Vogelart von großer Bedeutung. Eine hohe Baumvielfalt, Mikrohabitate und Totholz bieten dieser Art einen artgerechten Lebens- und Brutraum.